Regina Först

Der Trick beim Reden ist das Zuhören

„Wenn du redest, wiederholst du nur, was du schon weißt“, sagt der Dalai Lama. „Aber wenn du zuhörst, lernst du vielleicht etwas Neues.“ Diesen weisen Ratschlag haben die Menschen, die ich während meines gerade beendeten Sommer-Urlaubes kennengelernt habe, sich offenbar nicht zu Herzen genommen: In der wunderschönen Club-Anlage auf den Kanaren, in der ich zwei herrlich-entspannende Wochen verbringen durfte, saß ich fast jeden Abend mit neuen Leuten am Tisch. Und es schien, als wäre ein Wettbewerb aufgerufen, wer von ihnen es schafft, am längsten und ausführlichsten über sich und sein Leben zu reden. Dass jemand auf das Gehörte eingestiegen ist und nachgefragt hat, war die absolute Ausnahme. Die meisten nutzten versehentliche Gesprächspausen – wenn der Erzähler zum Beispiel mal Luft holen musste – um in die Satzlücke zu grätschen und die Rede-Hoheit mit der K.O.-Formel  „Ja, das kenne ich auch und bei mir war das so und so“ an sich zu reißen.


Wenn du redest, wiederholst du nur, was
du schon weißt. – Dalai Lama

 

Jeder war nur an sich selbst interessiert, obwohl es doch eigentlich langweilig sein muss, sich selbst immer dieselben Geschichten erzählen zu hören. Ganz zu schweigen von der Zumutung für den Partner, der im mentalen Tiefschlaf gelangweilt die Sätze des bereits zum tausendsten Mal Gehörten beendet. Auf Autopilot.

Dabei ist die Tatsache, dass wir zwar zwei Ohren, aber nur einen Mund haben, doch schon Hinweis genug, worum es in Punkto Kommunikation geht.

Fakt ist: Jeder Mensch merkt sofort, ob sein Gesprächspartner wirklich zuhört oder nicht – egal ob am Telefon oder in der persönlichen Begegnung. Im Urlaub mag das ja noch in Ordnung sein, gänzlich anders sieht es dagegen im Kontext Beruf, Familie oder Partnerschaft aus: Nicht selten sitzen sich Familienmitglieder oder Paare auf Autopilot im „ne, ja“-Modus gegenüber, nicht zuhörend, aber wissend, dass nach einem „ne“ am Ende eines Satzes ein „ja“ zu sagen ist, um dem Gegenüber vermeintliche Aufmerksamkeit vorzutäuschen.

Mal ehrlich: Das soll Kommunikation sein? Der für das eigene Seelenheil so wichtige emotionale Austausch mit seinen Liebsten? Nicht wirklich, oder?

Haben Sie nicht auch auf dem Weg zur Arbeit öfter mal im Auto, der Bahn oder dem Fahrrad gesessen und sich gefragt, über was Sie am Frühstückstisch eigentlich gesprochen haben? Und konnten sich nicht erinnern, weil Sie da geistig schon voll mit der „to do“-Liste des Tages beschäftigt waren?

Mit traumwandlerischer Sicherheit gehen wir davon aus, dass wir ja auch abends noch zuhören können. Oder am nächsten Tag. Aber wer gibt Ihnen eigentlich die Garantie, dass das tatsächlich noch geht? Das berührende Buch „Schmetterling und Taucherglocke“ von Jean-Dominique Bauby, in dem er über seinen Schlaganfall mit anschließendem locked-in-Syndrom schreibt, war für mich diesbezüglich ein alarmierender Wakeupcall, möglichst immer im Augenblick zu sein. Und nichts zu verschieben – schon gar nicht Aufmerksamkeit und Liebe für seine Herzensmenschen.


Wenn du zuhörst, lernst du vielleicht
etwas Neues. – Dalai Lama

 

Und auch im Beruf ist es alles andere als egal, ob wir zuhören oder nicht: Seit einem Jahr bin ich mit meinem neusten Nachhaltigkeits-Projekt “Führerschein für Führungskräfte“ auf dem Markt und habe großartige Feedbacks der Teilnehmer bekommen. Das größte Learning im „DU“-Modul war dabei, dass vielen Teilnehmern auffiel, wie schlecht sie wirklich aufmerksam zuhören. Keine Zeit, keine innere Kapazität, kein Interesse – egal aus welchem Grund wir unsere Ohren verschließen,  es verursacht stets immense Minuspunkte auf dem Beziehungskonto.


Auch im Beruf ist es alles andere als egal,
ob wir zuhören oder nicht.


In einem Mitarbeitergespräch ist diese Art mangelndes Interesse besonders fatal: Chefs oder Vorgesetzte, die während einer Unterhaltung mit einem Mitarbeiter aufs Handy schauen, anderen etwas zurufen, dauernd links und rechts zur Seite gucken, werden zu Recht für unhöflich, respektlos oder arrogant gehalten. Und das wiederrum hat fatale Folgen auf die Motivation. Umgekehrt gilt: Je besser die Führungsqualität, desto stärker die Mitarbeiterbindung. Und: Je stärker die Mitarbeiterbindung, desto stärker sind Motivation, Freude und Leistungsbereitschaft. Laut einer aktuellen Gallup-Studie fühlten sich 2016 In Deutschland nur 15% aller Mitarbeiter emotional an ihren Arbeitgeber gebunden. In den allermeisten Fällen ließ sich dies auf das Verhalten der unmittelbaren Führungskräfte zurückführen. Ich denke, hier ist noch gaaaanz viel Luft nach oben.

To make a long story short: Mit diesem Beitrag möchte ich Sie dazu anregen, in den nächsten Tagen mal aufmerksam zu beobachten, ob Sie in ein Gespräch wirklich einsteigen – oder ob Sie gedanklich abbiegen, innerlich die Augen verdrehen und nur auf eine Lücke warten, um ihre eigenen Geschichten zu platzieren.

Hören Sie doch mal bewusst und interessiert einer Erzählung Ihres Gesprächspartners zu, denn es ist meist sehr horizont-erweiternd, spannend und lehrreich, wie andere Menschen Dinge und Situationen erleben und werten.

Seien Sie interessiert und aufmerksam, und ich verspreche Ihnen, Sie werden sich wundern, was für ein überraschtes Strahlen dies plötzlich auf das Gesicht Ihres Gegenübers zaubern wird!


Die Autorin:
 

Speakerin und Unternehmens-Beraterin
Regina Först
Für Menschlichkeit & Erfolg im Business: "Vom ICH zum DU zum WIR – ich zeige Ihnen, wie sich Menschen verbinden für gemeinsame Erfolge."
24582 Bordesholm / Deutschland

www.people-foerst.de/der-trick-beim-reden-ist-das-zuhoeren

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