Dr. Sven Geelhaar

Vertrauen schaffen durch Mut zur Transparenz

Oft höre ich von Menschen, dass es in ihren Unternehmen an Vertrauen mangelt. Ständig würden sie kontrolliert und auditiert, was das Misstrauen regelrecht schürt. In der Konsequenz handeln sie vorsichtiger und sichern sich ab, bevor sie Informationen teilen. Die Angst, Fehler zu machen, wächst und Transparenz wird Schritt für Schritt in den Hintergrund gedrängt.

Da stellt sich die Henne-Ei-Frage. Geht die Transparenz verloren, weil Misstrauen gelebt wird? Oder entsteht Misstrauen, weil die Transparenz abhanden gekommen ist? Im Grunde genommen ist das aber auch völlig egal. Denn das Dilemma kann nur aufgelöst werden, wenn wir mindestens eines der beiden Themen anpacken. Hierfür bietet sich das Schaffen von Transparenz an. Denn das ist die weitaus einfachere Aufgabe von den Beiden.
 

In - Transparenz aus gutem und bösem Willen

Oftmals werden Informationen zurückgehalten, weil Führungskräfte der Meinung sind, dass sie Menschen mit zu viel Informationen überfordern oder verunsichern. Weil sie die Gesamtzusammenhänge nicht kennen oder weil ihnen der unternehmerische Intellekt abgesprochen wird.

In anderen Fällen wollen sie die MitarbeiterInnen schützen. Beispielsweise wenn in Strategie-Projekten über Schließungen, Verlagerungen oder Umstrukturierungen nachgedacht wird, ohne jedoch das konkrete Ergebnis zu kennen. Da kämen schnell Existenzängste auf, die sich im Nachhinein unter Umständen als unnötig herausstellen würden. Zudem hätten dann die Betriebsräte und Gewerkschaften mehr Zeit, um sich zu formieren, was die Führungsriege meist vermeiden möchte.

Und dann gibt es da noch die rein egoistischen Motive, Transparenz zu meiden. Sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, Niederlagen zu vertuschen oder ganz pragmatisch Zeit zu sparen. So erscheint das Motiv der gezielten In-Transparenz in manchen Situationen logisch richtig und manchmal sogar fürsorglich. In anderen Fällen hingegen egoistisch und rücksichtslos.
 

Die Realität ist jedoch viel einfacher…

Bei allem Respekt für die gut gemeinte Transparenz-Vermeidung. In meiner über zwanzigjährigen Berufserfahrung kann ich die Projekte, die tatsächlich geheim geblieben sind, an einer Hand abzählen. In nahezu allen Fällen sickerten Informationen durch und lösten in der Belegschaft eine wilde Gerüchteküche aus, die erheblich mehr Existenzängste schürte, als Transparenz und Offenheit jemals hätten verursachen können.

Die Annahme, dass viele Menschen durch Transparenz überfordert seien, ist ebenfalls ein Trugschluss. Das sogenannte "Fußvolk" ist intelligenter als geglaubt wird. Sie verfügen über gesunden Menschenverstand und Gefühl. Und das ist oftmals wertvoller für die Beurteilung eines Sachverhalts, als komplexe Argumentationsketten. Außerdem zeigt die Realität, dass Menschen viel belastbarer sind, als so manche Führungsetage glaubt.

Ihnen die Chance zu geben, sich mit einer existenziellen Bedrohung oder auch nur einer möglichen Veränderung auseinander zu setzen, ist eine Frage von Respekt. Ihnen diese Möglichkeit zu nehmen, degradiert sie zu „unmündigen Kindern“, deren „Eltern“ darüber entscheiden, was gut oder schlecht für sie ist!
 

Transparenz schafft Vertrauen

Einerseits wird in Unternehmen betont, dass sich alle MitarbeiterInnen auf Augenhöhe begegnen sollen, andererseits wird In - Transparenz geschaffen, die genau das verhindert.


„Das passt einfach nicht zusammen!“


Werte wie Respekt und Glaubwürdigkeit sind wohl den meisten Menschen wichtig. Auch und vor allem dann, wenn es um harte Wahrheiten geht. Deshalb lässt sich selbst die härteste Wahrheit verkraften, wenn nur ehrlich, einfühlsam und verständnisvoll damit umgegangen wird. Und genau das schafft Vertrauen.

Aber natürlich kommt es auch immer wieder zu emotionalen Ausbrüchen, wenn eine Wahrheit ausgesprochen wurde. Weil sie vielleicht schockiert, verletzt oder gefährdet. Und genau diese Reaktionen fürchten viele Führungskräfte. Die Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der eigenen Entscheidung oder der des TOP-Managements. Einer Entscheidung über andere Menschen hinweg. Entscheidungen, die das Leben dieser Menschen unter Umständen erheblich negativ beeinflussen.

Führungskräfte, die den Mut, die Kraft und das Geschick haben, mit solchen Situationen professionell umzugehen, sind die wahren LEADER im Unternehmen. Den Schmerz, die Wut und die Ängste der Menschen auszuhalten und verständnisvoll damit umzugehen, ist die wahre Herausforderung, der sich jede Führungskraft stellen sollte. Wenn Sie ehrlich und glaubwürdig handeln, dann spüren das die Menschen. Durch eine nachvollziehbare Argumentation wird dieses Gefühl rational untermauert und die Mehrheit trägt die Entscheidung mit. Selbst wenn sie unbequem sein sollte.


Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg der Transparenz Mut und viel Erfolg! Sie werden sehen, es lohnt sich. Und übrigens .... all das gilt nicht bloß für Führungskräfte. Denn jeder Mensch darf das eigene Transparenz - Verhalten kritisch reflektieren. Denn Veränderung beginnt immer bei einem selbst!

 

Der Autor:

 

Unternehmenskulturwandel
Dr. Sven Geelhaar
Kulturwandel-Experte bietet Führungskräften einen Weg an, wie sie clever Produktivität steigern und zugleich Mut zur Veränderung erzeugen.
78462 Konstanz / Deutschland

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